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Hallo, ich bin Yasemine ich bin 19 Jahre alt und komme aus Hamburg. Ich habe am 01.03.2020 meinen Sohn in Hamburg geboren. Er heißt Noel Jerome und ist 1,5 Jahre alt. Er hat einen schweren angeborenen Herzfehler, das Hypoplastische Linksherzsyndrom (HLHS). Man hat diesen Herzfehler in der 25 Schwangerschaftswoche festgestellt. Ich war ganz normal beim Frauenarzt, bis sie still wurde und ich wusste, dass etwas nicht stimmt. Sie sah mich an und sagte „etwas stimmt mit dem Herzen ihres Babys nicht“. Ich war zum Glück nicht alleine, sondern hatte meine Schwester dabei, die mir zur Seite stand. Wir waren natürlich erst mal geschockt und wussten nicht, was jetzt passieren würde. Ich wurde zu einem Pränatalzentrum geschickt und da wurde ein großer Ultraschall von seinem Herz gemacht. Wie sich herausstellte, stimmte wirklich etwas nicht. Herzfehler hieß es – mehrere Operationen und Medikamente. Man weiß nicht, wie lange er leben wird…

Die ganze Familie war geschockt und wir wussten nicht weiter. Ich musste danach jeden zweiten Tag ins Krankenhaus, um zu schauen, ob er vielleicht früher geholt werden muss. Da hat sich dann nochmal herausgestellt, dass ich eine Schwangerschaftsvergiftung hatte. Ich musste sofort dableiben und die Geburt wurde eingeleitet. Nach drei Tagen kam er dann zur Welt in der 39 Schwangerschaftswoche zur Welt. Er wurde mir direkt aus den Armen genommen und ich wusste nicht,  was jetzt passiert. Nach einer Stunde haben sie mir meinen Sohn gebracht, mit Kabel und Sauerstoffgerät…so einen Anblick werde ich nie wieder vergessen. Es sollte doch der schönste Tag sein…

Er wurde dann auf die Intensivstation gebracht und dort durfte ich ihn besuchen…bis Corona anfing. Da durfte ich teilweise nur noch mit Test rein, und der Papa gar nicht. Nach zwölf Tagen bekam er seinen ersten Herzkatheter und ich habe sowas Schreckliches noch nie gesehen. Wie er da lag, voll mit Kabeln und Sauerstoffgeräten… seine Augen haben sich nicht geöffnet. Stundenlang hatten wir Angst um ihn…aber es ist Gott sei Dank alles gut verlaufen. Dann kam er auf die normale Station und dort durfte auch der Papa oder sogar die Oma und die Tanten mal mitkommen. Es hieß ich muss dabeibleiben, um den Umgang mit den Medikamenten zu lernen. Ich bin dageblieben und habe es versucht. Ohne Erfolg. Ich war 17 Jahre alt und ein Kind ist sowieso eine große Aufgabe. Aber dann ein Kind, das krank ist und Medikamente benötigt? Das habe ich nicht geschafft.

Somit wurde für mein Kind eine Pflegefamilie gesucht. Ich frage mich bis heute noch, wieso habe ich keine Unterstützung bekommen? Wieso muss man mir sofort das Kind wegnehmen? Es gibt so viele Hilfen… bis die Pflegefamilie gesucht wurde. Durfte ich trotzdem jeden Tag meinen Sohn besuchen. Ich durfte mit ihm auf dem Gelände spazieren gehen und mit ihm seine ersten Versuche üben, zu essen oder zu greifen. Nach drei Monaten kam eine Frau vom Jugendamt zu mir und sagte, dass sie eine Pflegefamilie gefunden hat. Die wird ihn auch in den nächsten Tagen abholen. Sofort fing ich an zu weinen, weil ich es nicht glauben konnte. Ich gebe mir bis heute noch die Schuld an allem. Sie kam und nahm mein Sohn mit. Ich durfte mich nicht mal richtig verabschieden… das Schlimmste ist, dass ich die Pflegemutter nicht einmal kennenlernen durfte – wegen Corona. Das heißt, mein Sohn war bei einer fremden Frau. Ich lag zuhause im Bett und hatte so Angst um meinen Sohn. Vor allem, weil ich die Pflegemutter nicht kenne.

Ein paar Stunden später bekam ich einen anonymen Anruf. Es war die Pflegemutter. Sie sagte mir, dass mein Sohn sofort ins Krankenhaus müsste, weil seine Sauerstoff-Sättigung auf 55 gefallen war. Sofort habe ich mich angezogen und bin ins Krankenhaus gefahren. Ich war froh ihn zu sehen, aber traurig, dass er wieder da sein muss. Dort angekommen hieß es, er braucht einen weiteren Herzkatheter. Also haben sie ihn am nächsten Tag für den Herzkatheter angemeldet. Ich wartete wieder zwei bis drei Stunden lang vor dem OP-Raum. Dieses Mal war er aber nach einer Stunde wach und ihm ging es sehr gut. Er musste trotzdem noch zur Beobachtung dortbleiben. Also bin ich wieder jeden Tag zu ihm, habe ihm neue Kleidung und Spielzeug mitgebracht, war mit ihm spazieren und habe mit ihm viel gekuschelt. Dann hieß es, dass in vier Wochen die große OP stattfindet, wo sein Brustkorb aufgeschnitten wird. Und solange sollte er dort bleiben.

Die Tage vergingen und wir hatten so Angst vor diesem einen Tag. Es war der 20.07.2020. Ich erinnere mich noch genau. Ich wünschte, diese Erinnerung wäre kein Teil meines Lebens. Wir waren um 6:45 Uhr vor Ort und durften uns nochmal verabschieden, bevor es um 7:00 Uhr in den OP-Saal ging. Er war vier Monate alt und er war so klein! Ich hätte niemals gedacht, dass so ein kleiner Körper so eine riesige OP schafft. Es vergingen elf Stunden und der Papa und ich saßen die ganze Zeit, ohne einmal wegzugehen vor dem OP-Saal und warteten auf den Anruf, dass die OP vorbei ist. Gegen 17:00 Uhr hat man mich angerufen und gesagt, dass wir reinkommen dürfen. Als wir in seinem Zimmer ankamen, habe ich meinen Sohn nicht erkannt. Er war so aufgeschwemmt wegen der ganzen Wassereinlagerungen. Er sah aus wie Tod…

Ich dachte nicht, dass er es schaffen würde. Aber ich habe gebetet am Bett, seine Hand gehalten und geweint. Nach selben Tagen im Koma wachte er langsam auf. Er brauchte kein Sauerstoff mehr, aber sehr viel Schmerzmittel… er hat geschrien vor Schmerzen… und wir konnten ihm nicht helfen… wir sind erst gegangen, als er eingeschlafen ist. Und ich habe alle zwei Stunden im Krankenhaus angerufen und gefragt, ob alles ok ist. Ich brauchte am Telefon ein Passwort, um Informationen zu bekommen und mein Passwort war „strong boy“ auf Deutsch übersetzt „starker Junge“.

Nach ein paar Tagen durfte er wieder auf die normale Station. Dort durften die Oma und die Tanten ihn wieder besuchen. Ich war so froh, dass alles geklappt hat. Doch dann der Anruf vom Jugendamt. Die Pflegemutter wird ihn nächste Woche wieder mit nach Hause nehmen. Und ich war sehr, sehr traurig…

Nachdem sie ihn abgeholt hat, durfte ich ihn einmal pro Woche besuchen, mit dem Papa. Aber nur für eine Stunde und mit Abstand wegen Corona. Ich durfte mein eigenes Kind nicht umarmen oder küssen… Es war ein Schmerz, den ich nie vergessen werde! Ich brachte ihm jedes Mal Kleidung und Spielzeug mit.

Heute ist er 1.5 Jahre alt und ihm geht‘s perfekt. Im Mai 2022 hat er seine nächste OP. Und da werde ich definitiv für ihn da sein. Ich mache diesen Fehler nie wieder! Und wenn alles klappt, kann er im Sommer 2022 wieder nach Hause zu seiner Familie. Bis heute dürfen wir ihn einmal die Woche besuchen und mit ihm etwas unternehmen. Letztes Mal waren wir im Tierpark und ich bin so, so stolz auf ihn, wie er sich entwickelt. Er kann zwar noch nicht laufen, aber das lernt er noch und es ist auch nicht schlimm, wenn er mit fast zwei Jahren noch nicht laufen kann. Seine Muskeln wurden bei der OP durchtrennt und es dauert eben, aber es ist mir egal. Ich bin so froh, dass es ihm gut geht!

Das ist meine Geschichte und ich hoffe einige von euch können es ein wenig verstehen. Ich wünsche euch und euren Herzis alles alles Gute für die Zukunft!

Bildquelle: privat

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