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In der Presse lesen wir immer wieder, dass oft und zu schnell Antibiotika verordnet werden. Weil sie so gut und vor allem rasch wirken, werden sie auch bei harmlosen Halsschmerzen, Mittelohrentzündungen oder leichten Harnwegsinfekten verschrieben. Das sei schädlich, weil es dabei zu Resistenzen kommen könnte. Das bedeutet, dass die Medikamente dann nicht mehr gegen die Bakterien wirken. Wann kann bei einem herzkranken Kind auf die Gabe von Antibiotika verzichtet werden, um die unerwünschten Resistenzen zu vermeiden?

Die meisten Infekte im Bereich der oberen Luftwege sind virale Infektionen. Bei Virusinfektionen sind Antibiotika wirkungslos. Diese Infekte, wie sie besonders im Herbst und Winter auftreten, können nur symptomatisch behandelt werden.

Dr. Karl Robert Schirmer

Dr. Karl Robert Schirmer

niedergelassener Kinderkardiologe und Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft Pädiatrische Kardiologie (DGPK)

Und wann geht es nicht ohne Antibiotika?

Bakterielle Infektionen müssen antibiotisch behandelt werden. Scharlach zum Beispiel, kann durch den Krankheitsverlauf und die klinische Untersuchung diagnostiziert werden. Bei Verdacht auf einen Harnwegsinfekt ist eine Urinuntersuchung zum Ausschluss oder zur Bestätigung einer Harnwegsinfektion notwendig. In bestimmten Situationen ist auch eine Blutuntersuchung zur Differenzierung erforderlich.

Vor allem Antibiotika mit dem Wirkstoff Fluorchinolone (Ciprofloxacin©, Norfloxacin©, Moxifloxacin©, Levofloxacin©) stehen im Verdacht, dass sie unerwünschte Nebenwirkungen auslösen. Eine laufende Studie untersucht beispielsweise am Deutschen Herzzentrum den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Antibiotika und einem steigen Risiko für einen lebensbedrohlichen Riss in der Hauptschlagader.
Welche Antibiotika brauchen herzkranke Kinder am häufigsten und welche besonderen Risiken sind damit verbunden?  

Bakterielle Infektionen können bei herzkranken Kindern wie auch bei herzgesunden Kindern auftreten. Verschiedene Bakterien lösen unterschiedliche Erkrankungen aus und entsprechend wird ein bei dem Bakterienspektrum wirksames Antibiotikum verschrieben. Jedes Medikament hat Nebenwirkungen und birgt Risiken. Deshalb ist die sorgfältige Abwägung und Gewichtung der Therapie notwendig.

Die Erkältungszeit naht. Was können Eltern vorbeugend tun, um gehäufte Infektionen zu vermeiden und so weniger Antibiotika zu benötigen? Denn im Ernstfall kann eine Resistenz schlimme Folgen haben.

Herbst und Winter sind Infektzeiten, fast alle Kinder und Erwachsenen werden in den kommenden Monaten den einen oder anderen meist viralen Infekt wie Husten und Schnupfen durchmachen. Um die Infektabwehr, also unserer Immunsystem zu stärken, sind gesundes, vitaminhaltiges Essen und eine reichliche Flüssigkeitsaufnahme wichtig. Mit der richtigen Bekleidung können Kinder auch bei feuchtem Wetter draußen spielen und Sport treiben.

Kleine herzkranke Kinder sind besonders anfällig für die gefürchtete Atemwegsinfektion RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus), weil bei ihnen Herz und Blutgefäße nur eingeschränkt funktionstüchtig sind. Anstatt mit einer Impfung ihr Immunsystem zu stimulieren und damit die Bildung von Antikörpern auszulösen, werden ihnen mit einer passiven Immunisierung bereits fertige Antikörper verabreicht. Das klingt zunächst einmal ziemlich gefährlich. Was ist der Vorteil dieser Prophylaxe mit Palivizumab©?

Bei der Behandlung mit Palivizumab werden sogenannte monoklonale Antikörper verabreicht, die die für Kinder mit bestimmten Erkrankungen lebensbedrohlichen RS-Viren abfangen und unschädlich machen.  Der Ausbruch der bedrohlichen Erkrankung wird somit verhindert. RS-Viren treten meist in der Zeit von November bis März/April auf. Bei der Prophylaxe sind in dem Zeitraum monatliche Gaben erforderlich. 

Unter welchen Voraussetzungen werden die RSV-Gaben von der gesetzlichen Krankenkasse finanziert?

Im Oktober 2016 wurde eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrischer Infektiologie (DGPI), der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin (GNPI), der Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (GPP) und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK) veröffentlicht. Darin wie auch in der AWMF-Leitlinie werden die Indikationen aufgeführt, so z.B. Säuglinge im 1. Lebensjahr mit einer hämodynamisch relevanten Herzerkrankung. Bei diesen Indikationen gibt es nach meinem Kenntnisstand keine Probleme bei der Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen.

Danke Herr Dr. Schirmer!