Kommentar zum Beitrag im “Herzfenster 1/2018” Seite 54 und 55 von Herrn Prof. Kohl
Autoren:
Prof. Dr. M. Gorenflo, Klinik für Kinderkardiologie/Angeborene Herzfehler
Dr. M. Elsässer (Sektionsleiter Pränatalmedizin) der Universitätsfrauenklinik Heidelberg, Universitätsklinikum Heidelberg


Fetaler Ultraschall bei kleiner linker Herzkammer/Quelle: Uk Heidelberg
“Herr Prof. Kohl äußerte in seinem Interviewbeitrag, dass sich durch mehrwöchige Gabe von Sauerstoff an eine Schwangere bei Ungeborenen mit nur zu kleinen, aber sonst strukturell normalen Herzkammern und Herzklappen sowie zu kleinen Gefäßen (z.B. Aortenisthmusstenose) in vielen Fällen noch ein eindrucksvolles Aufholwachstum dieser Strukturen erreichen ließe.
Aus unserer Sicht muss hier jedoch auf folgende Sachverhalte hingewiesen werden:
Die Chancen, durch eine Sauerstofftherapie des Ungeborenen eine Vergrößerung der linken Herzkammer und deren Einlassklappe (Mitralklappe) zu erzielen, sind kritisch zu hinterfragen. Eine unlängst veröffentliche Meta-Analyse anhand publizierter Studien kommt zu einem weit vorsichtigeren Schluss: Gegenwärtig ist nicht eindeutig belegt, dass die Effekte eines unter Sauerstofftherapie erhöhten Blutflusses über den Aortenisthmus und den Ductus arteriosus von klinischer Relevanz für das Ungeborene sind (1). Der Effekt auf das Wachstum der Mitral- und Aortenklappe ist allenfalls gering (2).
Unklar ist der Effekt auf die Hirnentwicklung: Während unter intrauteriner Sauerstofftherapie eine verbesserte zerebrale Perfusion beobachtet wurde (3), müssen mögliche nachteilige Effekt für das Ungeborene durch die Sauerstofftherapie beachtet werden. So zeigte beispielsweise eine kürzlich veröffentliche Studie einen nachteiligen Effekt auf das Wachstum des kindlichen Kopfes (4).
Daher sollten werdende Eltern, deren ungeborenes Kind eine (zu) kleine linke Herzkammer aufweist (Abb. 1), nur unter Bedingungen einer randomisierten kontrollierten Studie einer Sauerstofftherapie von Mutter und Kind zustimmen. Der behandelnde Arzt wird darüber aufklären können (und müssen), ob die Sauerstofftherapie an seiner Klinik unter Studienbedingungen und gestützt durch ein Votum einer Ethik-Kommission erfolgt. Wie bei jedweder fetalen kardialen Therapie sollten werdende Eltern zudem darauf achten, dass das gesamte Spektrum einer postnatalen kinderkardiologisch und kinderherzchirurgischen Versorgung an dem jeweiligen Zentrum vorhanden ist und dass eine pränatale interdisziplinäre Fallkonferenz in jedem Einzelfall über das Therapiekonzept berät.”
Zitierte Literatur
(zu öffnen unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed . Dann PMID Nummer eingeben):
1) Co-Vu J. Echocardiography. 2017 Dec;34(12):1822-1833. PMID: 29287137
2) Lara DA et al. Ultrasound Obstet Gynecol. 2016 Sep;48(3):365-72. PMID: 26700848
3) Szwast A et al.: Ultrasound Obstet Gynecol. 2018 Oct;52(4):473-478. PMID: 28976608
4) Edwards LA. Fetal Diagn Ther. 2018 Sep 17:1-13. PMID: 30223262