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Sozialrecht

Bürgergeld und Mehrbedarfe im Zusammenhang mit gesundheitlichen Einschränkungen bei Kindern und Jugendlichen

Seit dem Jahr 2023 gibt es in Deutschland das Bürgergeld. Bürgergeld ist die Grundsicherung für Arbeitssuchende. Der Staat zahlt das Geld an Menschen, die kein oder ein geringes Einkommen und wenig Vermögen haben. Das Bürgergeld hat das Arbeitslosengeld 2, auch Hartz 4 genannt ersetzt.

Bürgergeld für Menschen mit Behinderung

Generell können Menschen mit Behinderung unter bestimmten Voraussetzungen, wie alle Bürger in Deutschland Anspruch auf Bürgergeld haben. Sie müssen erwerbsfähig sein, was bedeutet, dass man mindestens drei Stunden pro Tag arbeiten kann und dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.

Liegt keine Erwerbsfähigkeit vor können Menschen mit Behinderung Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung oder eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung erhalten.

Kinder und junge Erwachsene mit Behinderung in der Bedarfsgemeinschaft

Leben Kinder mit Behinderung in der Bedarfsgemeinschaft besteht für diese kein Anspruch auf einen Mehrbedarf, da dieser eine Erwerbsunfähigkeit voraussetzt, die Kinder bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres nicht erfüllen können. Kinder, die das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, auch ohne Behinderung, sind rechtlich und tatsächlich nicht in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Sie gelten grundsätzlich als nichterwerbsfähig.
In Deutschland besteht eine 10-jährige Schulpflicht, die im Normalfall auch für Kinder mit Behinderung gegeben ist. Diese 10 Jahre sind für gesunde Kinder frühestens mit 16 Jahren absolviert. Eltern schwerbehinderter Kinder möchten häufig, dass die Kinder möglichst lange im Schulsystem bleiben, um nicht zu früh dem Arbeitsmarkt oder der Behindertenwerkstatt zu unterliegen. Diese Entscheidungen würden einem Zuschlag beim Bürgergeld entgegenstehen.

Bürgergeld und nicht erwerbsfähige Menschen in der Bedarfsgemeinschaft

§19 Abs. 1 SGB II:
„(…) Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Bürgergeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches [=Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung] haben. (…)“

Bei volljährigen, nicht erwerbsfähigen Kindern haben Leistungen der Grundsicherung bei dauerhafter, voller Erwerbsminderung Vorrang.

Mehrbedarfe für Menschen mit Behinderung

Menschen mit Behinderung und weitere Personenkreise, z.B. Alleinerziehende, Schwangere, können einen Mehrbedarf zusätzlich zum Bürgergeld erhalten, da sie aufgrund ihrer Lebensumstände mehr Geld benötigen.

Mehrbedarfe für arbeitssuchende Bürgergeldempfänger mit Behinderung

§ 21 Abs. 4 SGB II:
„Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 % des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.“

Erwerbsfähige Menschen mit Behinderung, die Bürgergeld empfangen und Leistungen der Eingliederungshilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben oder Eingliederungshilfe zur Förderung der Schul- oder Hochschulbildung bekommen, können einen Anspruch auf einen Mehrbedarf von 35 % haben.

Mehrbedarfe für nicht erwerbsfähige Bürgergeldempfänger mit Behinderung und Merkzeichen „G“

§23 Abs. 4 SGB II:
„bei nicht erwerbsfähigen Personen, die voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind, wird ein Mehrbedarf von 17 % der nach § 20 maßgebenden Regelbedarfe anerkannt, wenn sie Inhaberin oder Inhaber eines Ausweises nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches mit dem Merkzeichen G sind; dies gilt nicht, wenn bereits ein Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen Behinderung nach § 21 Absatz 4 oder nach der vorstehenden Nummer 2 oder 3 besteht.“

Nicht erwerbsfähige Menschen, die voll erwerbsgemindert im Sinne des Rentenrechts sind und in einer Bedarfsgemeinschaft mit einer oder einem erwerbsfähigen Bürgergeld-Beziehenden leben und daher Bürgergeld erhalten, erhalten einen Mehrbedarf in Höhe von 17 % des für sie maßgebenden Regelbedarfs, wenn sie einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „G“ haben.

Der §23 Abs. 2 SGB II stellt zudem klar, dass nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben (§19 Abs. 1 S. 2), einen Mehrbedarf nach § 21 Absatz 4 erst nach Vollendung des 15. Lebensjahres erhalten können:

„Mehrbedarfe nach § 21 Absatz 4 werden auch bei Menschen mit Behinderungen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, anerkannt, wenn Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden.“

Erwerbsfähige Bürgergeldempfänger einer Bedarfsgemeinschaft die einen Anspruch auf den Mehrbedarf von 35% haben, können nicht zusätzlich den Anspruch auf den Mehrbedarf von 17% aufgrund des Merkzeichens „G“ (siehe §23 Abs. 4) geltend machen.

Ernährungsbedingter Mehrbedarf

Zudem ist bei Menschen mit Behinderung im Hinblick auf die allgemeinen Mehrbedarfe insbesondere an den medizinisch begründeten ernährungsbedingten Mehrbedarf und die Einzelfälle zu denken, in denen ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Dafür muss eine ärztlich bestätigte, gesundheitliche Notwendigkeit bestehen.

§ 21 Abs. 5 SGB II
„Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.“

Es sollen Mehraufwendungen im Vergleich zu einer normalen Ernährung abgedeckt werden, wenn aus medizinischen Gründen eine „normale“ Ernährung entweder unzureichend oder sogar gesundheitsschädlich ist.
Bei der Prüfung des krankheitsbedingten Mehrbedarfs sind die Erkrankung, die Notwendigkeit einer besonderen Ernährung sowie der ursächliche Zusammenhang zwischen Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigeren Ernährung festzustellen.

Die Notwendigkeit der besonderen Ernährung ist durch eine Bescheinigung des behandelnden Facharztes oder der behandelnden Fachärztin unter genauer Bezeichnung der Erkrankung nachzuweisen (hausärztliche Bescheinigung reicht nicht aus).
Die entstehenden Mehrkosten müssen unausweichlich sein und „in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen“.

Fachliche Weisungen der Arbeitsagentur § 21 Abs. 5 SGB II Mehrbedarfe
Anlage 2 Übersicht zum Mehrbedarf bei kostenaufwendiger Ernährung bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen. In Teil 3 der Anlage 2 sind detailliert Erkrankungen beschrieben, die einen dauerhaften oder zeitlich begrenzten Mehrbedarf auslösen.
Weitergehende oder ergänzende Mehrbedarfe können auch bei Erkrankungen gewährt werden, die vergleichbar sind und nicht in der Anlage aufgeführt sind.

Einer wiederholten Überprüfung des Erfordernisses einer kostenaufwändigeren Ernährung bedarf es nicht z.B. bei Zöliakie, Mukoviszidose und Erkrankungen, bei denen weitere Vorrausetzungen hinzutreten müssen. Sie sind in Anlage 2 Teil 3 aufgeführt.

Spätestens nach 12 Monaten ist der Mehrbedarf erneut durch eine ärztliche Bescheinigung zu belegen, wenn der Mehrbedarf zeitlich begrenzt wurde.

Schwere Mangelernährungszustände, die im Zusammenhang mit unheilbaren Erkrankungen stehen, z.B. einer fortgeschrittenen Lungenerkrankung, terminaler Niereninsuffizienz mit Dialyse oder einer schweren Herzinsuffizienz, lösen einen Mehrbedarf aus.

https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba015861.pdf

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Quelleninfos:
Foto: istock/imgorthand